Wie kam die Idee zur Beschäftigung mit Cato und zum Film zustande?
Dagmar Brendecke ist mit der Verlegerin Elisabeth Raabe
befreundet und bekam das Buch von Hermann Vinke
zu lesen. Ihr spontane Redaktion war: Den Film muss ich
machen.
Daraufhin wurde sie der Familie Bontjes van Beek vorgestellt.
Warum gibt es eine Kurz- und eine Langfassung? Wann werden sie jeweils eingesetzt?
Das hat Formatgründe. Der Film war ursprünglich als
Dokumentarfilm – in der langen 90 min. Version – gedacht
und wurde auch so realisiert.
Da es jedoch im Fernsehen immer weniger Sendeplätze
für lange Dokumentarfilme gibt, wurde für das traditionelle
Fernsehformat (45 min.) zusätzlich eine Kurzversion
geschnitten, die filmisch und dramaturgisch etwas anders
„erzählt“ ist.
Gab es besondere Erfahrungen bei der Arbeit am Film? Haben sich Ihr eigenes Geschichtsbewusstsein und der Umgang mit Erinnerung verändert über die Auseinandersetzung mit Cato?
Wir als Autoren waren vor allem von dem Mut der jungen
Frau berührt und ganz besonders von dem letzten Brief,
den sie ihrer Mutter aus der Haft schrieb, wenige Stunden
vor ihrer Hinrichtung.
Für Dagmar Brendecke waren es vor allem zwei Aspekte,
die sie besonders berührten. Viele Orte, die für Cato Alltag
bedeuteten, waren auch für sie Alltag – Kantstraße, Heerstraße,
Westkreuz. Es entstand ein anderes Gefühl von
Zeit.
Man hatte das Gefühl, die Zeit (das Dritte Reich) ist lange
her, und plötzlich spürt man sie sehr nah.
Bei den intensiven Recherchen zur Geschichte und in den
Gesprächen mit den Zeitzeugen wurde ihr immer mehr
bewusst, wie schleichend die Veränderungen der Gesellschaft
vor sich gingen – neben der vordergründig sicht- und
spürbaren Gefahr.
Welche Reaktionen auf den Film haben Sie erlebt?
Eigentlich nur gute, sowohl was die Machart betrifft, als
auch zur Geschichte.
Die zentrale Erfahrung war: dass die Geschichte alle, die
den Film sahen, berührte und dass es eine Entdeckung
war.
Der Film wirft natürlich Fragen auf. Am besten brachte das
eine Schülerin auf den Punkt: „Die (Cato) ist hingerichtet
worden, weil sie Flyer geschrieben hat?“
Und dazu die Frage: „Wie hätte man sich selbst verhalten?“
Welche Wünsche verbinden Sie mit dem Einsatz des Films in der Schule?
Geschichte wurde immer von Generation zu Generation
weiter erzählt. Heute geschieht dies mehr und mehr
filmisch.
Alles, was wir bei den Vorführungen erlebten, zeigt, dass
junge Menschen sich für persönliche Geschichten interessieren
und dass Geschichte sich so eindringlich erzählen /
vermitteln lässt.
Natürlich soll der Film über Catos Schicksal zum Nachdenken
anregen und dazu, mutig zur eigenen Meinung zu
stehen, auch gegen Widerstände.
Ein Hauptwunsch ist jedoch, sensibel zu machen für das,
was sich in der heutigen Gesellschaft ändert, was gefährlich
werden kann, vielleicht auch schleichend und ohne
dass man die Konsequenzen ahnt.
Dagmar Brendecke, geboren in Deutschland, ist Regisseurin und Drehbuchautorin von Spiel- und Dokumentarfilmen. In gemeinschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautoren Walter Brun entstand 2010 der Film Cato.