Mise en Scène

Der Begriff Mise en Scène (franz. „in Szene setzen“) stammt eigentlich aus dem Theater und verweist darauf, dass alles, was das Publikum später auf der Bühne zu sehen bekommt, vorab sehr sorgfältig geplant und aufeinander abgestimmt werden muss.

Im Film ist mit der Mise en Scène die Gesamtheit all dessen gemeint, was in einem bestimmten Moment vor der Kamera zu sehen ist. Sie umfasst alle sichtbaren Teile der Kulisse, Gegenstände und Personen, deren Platzierung und Bewegung im Raum sowie die Beleuchtung und Farbgestaltung. Das Besondere beim Film ist, dass sich der momentane Bildinhalt – also die Mise en Scène – z. B. durch eine angepasste Neigung oder Position der Kamera, ständig verändert.

Komposition

Filme entfalten einen großen Teil ihrer Wirkung auf den Zuschauer über Bilder und Bildfolgen. Weil die Mise en Scène durch Bewegungen (der Kamera oder von Objekten im Bild) und Schnitte einem ständigen Wandel unterworfen ist, lässt sich ein bestimmter Eindruck spontan nur schwer auf eine bestimmte Ursache zurückführen. Um herauszuarbeiten, warum ein bestimmtes Bild, eine Einstellung oder Szene diesen oder jenen Eindruck vermittelt, bietet es sich an, den formalen Bildaufbau, also die Bildkomposition, einmal genauer zu untersuchen. Bei einer solchen Kompositionsanalyse sind verschiedene Aspekte zu beachten:

Raum

Die Anordnung aller Objekte und Personen in der Breite, der Höhe und der Tiefe des Bildes (Abb. 1).

Abb. 1: Der Bildraum

Kompositionen können zum Beispiel in Bezug auf ihre räumliche Tiefe oder Untiefe unterschieden werden. Beide Begriffe bezeichnen einen eigenen filmischen Stil. Tiefe bedeutet, dass sich wichtige Objekte und Personen auf allen Bildebenen (Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund) befinden, zum Teil mit sehr großem Abstand zueinander. Häufig zeichnen sich solche Einstellungen durch eine hohe Tiefenschärfe aus, was bedeutet, dass auch Objekte, die weit im Hintergrund liegen, scharf abgebildet werden. Untiefe meint Einstellungen, die sehr flach erscheinen, sodass dem Protagonisten nur wenig Bewegungsspielraum entlang der Tiefenachse zur Verfügung steht.

Tiefe Untiefe

Darüber hinaus kann die räumliche Verteilung wichtiger und unwichtiger Bildbestandteile untersucht werden. Unterschieden werden der positive Raum und der negative Raum. Als positiver Raum werden Bildbereiche bezeichnet, die mit den wichtigsten Bildelementen (dem eigentlichen Motiv) gefüllt sind. Meist handelt es sich dabei um den oder die Protagonisten. Der negative Raum beschreibt dementsprechend Bildbereiche, die weitgehend leer sind. Leere Bildbereiche dienen oft dazu, die Bedeutung der gefüllten Bildbereiche zu betonen. Ist der negative Raum besonders auffällig, kann es sein, dass er innerhalb der Handlung (u. U. erst später) eine wichtige Rolle spielt. Manchmal sind Bilder auch so abstrakt gestaltet, dass die einzelnen Bildbestandteile für den Zuschauer nur schwer oder gar nicht mehr klar zu erkennen sind. Solche Kompositionen werden als mehrdeutiger Raum bezeichnet.

Tiefe

Linien und Formen

Linien und Formen (Dreiecke, Rechtecke und Kreise) gehören zu den elementarsten Mitteln der visuellen Gestaltung. Jedes Bild lässt sich grob in seine geometrischen Bestandteile zerlegen. Durch das Nachzeichnen der wichtigsten Linien und Formen lässt sich das zugrundeliegende Kompositionsschema erfassen.

Oft weisen einzelne Bildelemente (zum Beispiel Gebäude oder Teile der Landschaft, wie etwa Berge) schon von sich aus eine bestimmte Form auf („explizite“ Linien und Formen). Linien und Formen können aber auch indirekt („gedachte“ Linien und Formen), durch die Kombination mehrerer Bildelemente, entstehen. So ergeben sich dreieckige oder rechteckige Formen oft durch Leerräume zwischen Objekten oder indem mehrere Linien sich kreuzen. Wenn Linien das Bild waagerecht oder senkrecht durchqueren, kann es sein, dass sie das Bild in mehrere Segmente teilen. Senkrechte Linien vermitteln manchmal den Eindruck von Höhe. Viele senkrechte Linien in einem Bild können ein Bild sehr flach erscheinen lassen. Ausgeprägte waagerechte Linien, zum Beispiel eine gut sichtbare Horizontlinie, kann einem Bild einen friedvollen Charakter verleihen. Besteht ein Bild aus vielen Rechtecken wirkt es oft künstlich und abstrakt. Eine oder mehrere Personen sind häufig so positioniert, dass sich eine Dreieckskomposition ergibt, hierdurch kann der Eindruck von Zusammenhalt oder Einheit entstehen. Kreise und Ellipsen wirken meist eher organisch und harmonisch.

Richtungstendenzen

Die Richtungstendenz ist die Richtung, in die ein bestimmtes Bildelement zu streben scheint. Meist handelt es sich hierbei um Objekte oder Personen, die sich innerhalb des Bildes in eine bestimmte Richtung bewegen. Allerdings können auch statische Bilder eine Richtungstendenz aufweisen. Häufig sind es dann Linien, zum Beispiel Teile der Kulisse, oder Lichtstrahlen, die in eine bestimmte Richtung weisen.

Abb. 2: Cato, TC: 00:38:35. Die Lichtreflexe auf dem nassen Asphalt und die im Asphalt eingelassenen Schienen bilden ein abstraktes Muster, dessen Ursprung sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Dies lässt sich auch darauf zurückführen, dass weitere räumliche Orientierungspunkte fehlen, die dem Zuschauer helfen, das Gesehene einzuordnen. Man würde in diesem Fall deshalb von einem mehrdeutigen Raum sprechen.

Abb. 3: Cato, TC: 00:56:50. Die Außenwelt bildet den positiven Raum, der durch den negativen Raum des Zelleninneren und der Fenstergitter durchbrochen und zugleich betont wird. Durch den Blick von schräg unten kommt es zu leichten perspektivischen Verzerrungen, weshalb die Stäbe nach oben, auf einen gemeinsamen Punkt hinzustreben scheinen. Die Richtungstendenz des Bildes ist somit deutlich nach hoch oben zum Himmel gerichtet.

I. Kompositionsanalyse

Eine Besonderheit bei Cato ist, dass an vielen Stellen atmosphärische Bilder zu Illustration des Gesagten eingefügt wurden. Die Autoren des Films schreiben dazu: „Catos Texte, assoziiert mit vielschichtigen atmosphärischen Bildern, geben dem Film eine außergewöhnliche optische Dimension und machen ihn so zu einem emotionalen Ereignis.“

  1. Wählen Sie aus dem Auswahlbereich unten je ein Standbild aus Fischerhude und eines aus dem Gefängnis in Berlin aus, das Sie näher untersuchen möchten und legen Sie es auf der Arbeitsfläche ab.
  2. Notieren Sie in der Tabelle Ihre ersten Eindrücke beim Betrachten der Bilder.
  3. Fischerhude Gefängnis
  4. Untersuchen Sie die Bildkomposition mithilfe der Linien- und Formenwerkzeuge und der visuellen Marker.
  5. Beschreiben Sie, wie sich Bildwirkung und Komposition der beiden Orte unterscheiden. Stellen Sie Vermutungen an, welchen Eindruck die Filmemacher wahrscheinlich von den beiden Orten vermitteln wollen. Schreiben Sie Ihr Ergebnis in das Notizfeld.
Werkzeuge
Komposition

Objektive

Man unterscheidet drei verschiedene Objektivarten: Normalobjektiv, Teleobjektiv und Weitwinkelobjektiv. Das Normalobjektiv entspricht am ehesten den menschlichen Sehgewohnheiten, da die Art, in der es Tiefenverhältnisse und Entfernungen abbildet, der des menschlichen Auges sehr ähnelt.

Teleobjektiv

Ein Teleobjektiv lässt Objekte in größerer Entfernung näher an der Kamera erscheinen, als sie es in Wirklichkeit sind, und vergrößert sie zugleich optisch. Aufnahmen mit dem Teleobjektiv verfügen nur über eine geringe Tiefenschärfe, was bedeutet, dass nur ein relativ kleiner Bildbereich scharf abgebildet wird. Teleobjektive haben zudem den Effekt, räumliche Tiefe optisch zu verringern, hintereinander gelagerte Objekte scheinen dadurch sehr nah beieinander zu liegen, die Tiefenebenen (Vorder-, Mittel-, Hintergrund) eines Bildes wirken gestaucht.

Weitwinkelobjektiv

Während ein Teleobjektiv dazu genutzt wird, räumliche Tiefe zu überwinden und Objekte in der Entfernung näher heranzuholen, dient ein Weitwinkelobjektiv dazu, einen möglichst großen Bereich räumlicher Breite abzubilden, sodass auch große Gebäude oder weiträumige Schauplätze gezeigt werden können. Charakteristisch sind perspektivische Verzerrungen, die manche Weitwinkelobjektive erzeugen: Eigentlich senkrechte Linien verlaufen dann schräg im Bild und scheinen in Richtung Bildmitte zu „stürzen“. Im Gegensatz zum Teleobjektiv verfügen Weitwinkelobjektive über eine hohe Tiefenschärfe. Außerdem haben sie den Effekt, räumliche Tiefe optisch zu vergrößern: Objekte oder Personen im Vordergrund können dadurch riesenhaft groß erscheinen, während Objekte oder Personen im Hintergrund weit entfernt und klein bis winzig wirken.

Eine extreme Variante des Weitwinkelobjektivs ist das Fischaugenobjektiv, das einem Blickwinkel von nahezu 180° Grad entspricht und starke optische Verzerrungen erzeugt, die sehr unnatürlich wirken.

Abb. 4: Teleaufnahme (Cato: TC:01:01:11). Die Türen wirken zusammengestaucht. Es scheint, als befänden sie sich extrem nah beieinander.

Abb. 5: Weitwinkelaufnahme (Cato: TC:00:51:02). Besonders auffällig sind in diesem Bild die stürzenden Linien, die ja in Wirklichkeit senkrecht und parallel verlaufen.

II. Zusammenspiel von Objektiv und Perspektive

In den Einstellungen Nr. 461/462 dreht sich die Kamera im Kreis, während Catos Erzählstimme aus dem Off einen Brief an Rainer vorliest.

  1. Achten Sie bei einer ersten Ansicht vor allem auf die Stimmung, die die Bilder in Ihnen erzeugen. Notieren Sie Ihre Eindrücke in den Notizkärtchen. Sie können Ihre Eindrücke gewichten, indem Sie die Größe der Notizkärtchen verändern.
  2. Identifizieren Sie das vorherrschende Objektiv und entnehmen Sie ein aussagekräftiges Standbild, das sie als charakteristisch einschätzen. Legen Sie es auf der Arbeitsfläche ab und platzieren sie daran den passenden visuellen Marker.
  3. Bestimmen Sie die Kameraperspektive des Standbilds und kennzeichnen Sie Ihr Ergebnis wiederum mit dem passenden visuellen Marker.
  4. Erarbeiten Sie das sich aus Objektivwahl und Kameraperspektive ergebende Kompositionsschema mithilfe der Zeichenwerkzeuge. Kennzeichen Sie die ungefähre Position und Ausrichtung der Kamera mithilfe des Kamerawerkzeugs.
  5. Erklären Sie im nebenstehende Notizfeld, auf welche Weise die Kameraarbeit zur Stimmung des Ausschnitts beiträgt. Interpretieren Sie die Art der Darstellung
Objektive
Kameraperspektive
Werkzeuge