IX. Die unterschiedlichen Fassungen des Films

Von Asylrecht existieren zahlreiche unterschiedliche Fassungen. Zwei sind in dieser Edition enthalten:

  1. eine rekonstruierte Tonfassung mit einer Länge von 35:18 Minuten (siehe hierzu: → IV. Filmsichtung und erste Eindrücke),
  2. die 1959 vom FWU herausgegebene stumme Kurzfassung (9:08 Minuten) mit dem Titel Flüchtlingsnot an der Zonengrenze 1948.

Die für diese Edition rekonstruierte Fassung basiert auf einer vom Bundesarchiv Berlin bezogenen Version, die an zwei Stellen ergänzt wurde. Hinzugefügt wurde zum einen der erklärende Vorspanntitel der englischen Verleihfassung (Sequenz 1, E 4) und eine Szene, in der westliche Grenzpolizisten ihren Ostzonenkollegen eine Gruppe illegaler Grenzgänger übergeben (Sequenz 7, E 59, 65, 67, 68). Wie aus Schriftquellen bekannt ist, hatte die historische Originalfassung von 1949 eine Länge von 1.150 Metern: das entspricht einer Kinolaufzeit von 42 Minuten (bei 24 Bildern-pro-Sekunde) und einer Fernsehlaufzeit von 40 Minuten (bei 25 Bildern-pro-Sekunde). Die in dieser Edition vorliegende Version läuft demgegenüber trotz Rekonstruktionsbemühungen noch fünf Minuten kürzer.

Zehn Jahre nach der Uraufführung von Asylrecht brachte das FWU unter dem Titel Flüchtlingsnot an der Zonengrenze eine neunminütige stumme Fassung heraus, die gemeinsam mit einem Begleittext in den Verleih gelangte. FWU-intern war diese Fassung nicht unumstritten: So schrieb Horst Ruprecht von der Produktionsabteilung des FWU im Mai 1959 an Kipp, es sei zu bezweifeln, „ob in der vorliegenden Form […] eine optimale Fassung erreicht worden ist“. Dennoch ist die stumme Kurzfassung ein aufschlussreiches historisches Dokument, weil sie die Aufnahmen Kipps vor dem Hintergrund des Kalten Krieges einordnet.

Unter dem gleichen Titel Flüchtlingsnot an der Zonengrenze erschien nur ein Jahr später eine 21-minütige Tonfassung, die Rudolf Kipp selbst im Auftrag des FWU zusammenschnitt.

Zudem wurden und werden Ausschnitte des Films in zahlreichen Dokumentarfilmen verwendet, die die Flüchtlingssituation im Nachkriegsdeutschland thematisieren.

Flüchtlingsnot an der Zonengrenze 1948, stumme Kurzfassung, FWU 1959

Aufgaben

  1. Sichten Sie die Kurzfassung und vergleichen Sie diese aus Ihrer Sicht mit der rekonstruierten Tonfassung: Welche Sequenzen der Langfassung sind erhalten geblieben? Fehlen aus Ihrer Sicht entscheidende Szenen?
  2. Überprüfen Sie Ihre Eindrücke unter Zuhilfenahme der Sequenzprotokolle (M3 und M5), insbesondere der Einstellungs-Verweise in der rechten Spalte des Protokolls zu Flüchtlingsnot an der Zonengrenze. Inwieweit wurde die Struktur gegenüber der Tonfassung verändert? Prüfen Sie auch, ob einzelne Aufnahmen aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen wurden.
  3. Binden Sie jetzt → M7: Erläuterungsblatt des FWUin Ihre Analyse mit ein. Hierin werden die Filmbilder in den Kontext des Ost-West-Konfliktes eingeordnet. Arbeiten Sie die Passagen des Erläuterungsblattes heraus, in denen auf die sowjetische und die westlichen Besatzungszonen eingegangen wird und charakterisieren Sie diese.
  4. Ziehen Sie in einem weiteren Arbeitsschritt M5: Sprechertext Asylrecht (Langfassung) heran und vergleichen Sie im Hinblick auf Stil und Inhalt mit M6. Halten Sie Ihre Ergebnisse in Stichworten fest. Beschreiben Sie abschließend, worin der wesentliche Unterschied zwischen Sprechertext (M4) und Erläuterungsblatt (M6) liegt und setzen Sie den Befund in Beziehung zur Bedingungsrealität der FWU-Kurzfassung.