„Schade, dass ich nichts anderes auf der Welt hinterlasse als die Erinnerung an mich.“ – Ein Unterrichtsprojekt zu Cato Bontjes van Beek auf der Grundlage des Dokumentarfilms von Dagmar Brendecke und Walter Brun

Der oben zitierte Satz, den Cato Bontjes van Beek in einem letzten Brief an ihre Mutter kurz vor ihrem Tod schrieb, stand als Mahnung und Gedankenanstoß über einer besonderen Unterrichtsreihe der Liebfrauenschule Oldenburg, einer Spurensuche zu Cato Bontjes van Beek.

Der Oldenburger Verein „licht.spiele“, der Autoren, Filmemacher und Künstler bei besonderen Vorhaben unterstützt, hat in dem Oldenburger Gymnasium den Dokumentarfilm Cato. Der Widerstand der Cato Bontjes van Beek von Dagmar Brendecke und Walter Brun über das Leben einer jungen, mutigen Frau aus Fischerhude gezeigt, die ihre konsequente Vorstellung von Humanität mit dem Leben bezahlte. Nach einer unbeschwerten Kindheit in Fischerhude bei Bremen kommt sie in Berlin in Kontakt mit Menschen im Widerstand, organisiert Hilfe für Kriegsgefangene und verfasst Flugblätter. Das wird ihr zum Verhängnis. Am 5. August 1943 wird sie hingerichtet. Da ist Cato gerade einmal 22 Jahre alt.

Im Vorfeld eines Schulprojekts zum Thema „Jugendlicher Widerstand gegen die NS-Diktatur“ haben sich Schülerinnen und Schüler der Liebfrauenschule im Rahmen eines Seminarfachs, eines Geschichtskurses und in den zehnten Klassen in den Fächern Deutsch und Geschichte u. a. intensiv mit Cato und ihrem biografischen und gesellschaftlichen Umfeld beschäftigt, Briefauszüge und Biographien gelesen, sich mit wissenschaftlichen Aufsätzen und politischen Statements zur Erinnerungsarbeit auseinandergesetzt, haben kreative Formen der Auseinandersetzung probiert und sich so auf analytische wie produktionsorientierte Art und Weise mit der Frage auseinandergesetzt: Wer war Cato Bontjes van Beek?

Aus der Spurensuche der Schülerinnen und Schüler sowie der sie begleitenden Lehrerinnen und Lehrer ist eine Materialsammlung und Dokumentation verschiedener Unterrichtsergebnisse entstanden, die den Film von Brendecke und Brun begleiten und es ermöglichen sollen, diese im eigenen Unterricht einzusetzen, unterstützt durch einzelne Materialien mit Arbeitsaufträgen zu biografischen Stationen Catos, zu historischen Persönlichkeiten, die Cato vergleichend zur Seite gestellt werden, zu Fragen nach verschiedenen Formen des Widerstands und der Erinnerungsarbeit sowie zur Reflexion des Schicksals Catos aus heutiger Sicht.

Die vorgelegten Materialien stellen ein Angebot dar, sich mit einzelnen Aspekten, die der Dokumentarfilm anspricht, vertiefter zu beschäftigen, Briefauszüge genauer zu untersuchen, Verknüpfungen zu wesentlichen Themen und Fragestellungen der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht herzustellen, sich kritisch mit Interpretationen und Deutungen aus verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen oder weitere Hintergrundinformationen zu erhalten. Die Arbeitsaufträge, die sich am Ende des jeweiligen Kapitels befinden, sind ebenfalls als Möglichkeit gedacht, dem Leben und Wirken Cato Bontjes van Beeks´ im Rahmen unterschiedlicher Lernniveaus und Lernmethoden näherzukommen – analytisch, vergleichend, produktionsorientiert, anhand kurzer Statements oder durch die Auseinandersetzung mit längeren Darstellungen, wissenschaftlichen Erläuterungen oder Essays aus der Hand von Schülerinnen und Schüler. Auch der vertieften Beschäftigung mit dem Film werden einzelne Kapitel gewidmet, interaktive Angebote ergänzen die Beschäftigung mit Film und Materialien.

Der Dokumentarfilm „Der Widerstand der Cato Bontjes van Beek" soll dabei nicht auf einen reinen Informationsträger reduziert, sondern im Sinne der Medienkompetenzvermittlung einer historisch-kritischen Filmanalyse unterzogen werden, die sich der vier von Helmut Korte beschriebenen Dimensionen der Filmanalyse bedient: der Ausdifferenzierung von Bezugsrealität, Bedingungsrealität, Filmrealität und Wirkungsrealität. Zur schnellen Orientierung dient die farbliche Kennzeichnung der einzelnen Analyseebenen und ihre Hervorhebung im Reiter. Hierbei ist zu beachten, dass die Zuordnung der Analyseebenen gemäß den didaktischen Schwerpunkten der Module unter arbeitspraktischen Gesichtspunkten erfolgte.

Abb. 1: Porträt Cato Bontjes van Beek, gemalt von Clara Rilke-Westhoff, 1939 (Foto: K. Langer)

Aus der Fülle des Literaturangebots haben wir uns im Unterricht hauptsächlich auf fünf Werke spezialisiert, die Catos Leben in besonderer Weise dokumentieren:

Bontjes van Beek, Mietje (1998): Verbrennt diese Briefe! Kindheit und Jugend in der Hitlerzeit ; 1922 - 1945 ; Fischerhude, Berlin, Allgäu. Fischerhude Verl. Atelier im Bauernhaus

Geyken, Frauke (2014): Wir standen nicht abseits. Frauen im Widerstand gegen Hitler. 1. Aufl. München. Beck

Kluge, Heidelore (1994): Cato Bontjes van Beek. »Ich will nur eins sein und das ist ein Mensch« ; das kurze Leben einer Widerstandskämpferin ; 1920 - 1943. 2. Aufl. Stuttgart. Urachhaus

Roloff, Stefan (mit Mario Vigl) (2002): Die Rote Kapelle. Die Widerstandsgruppe im Dritten Reich und die Geschichte Helmut Roloffs. München. Ullstein

Vinke, Hermann (2013): Cato Bontjes van Beek. Ein Porträt. Erw. und aktualisierte Neuausg., 1. Aufl. Zürich. Arche

Diese Werke sind im Wesentlichen Grundlage der kurzen, teilweise von Schülerinnen und Schülern verfassten Darstellungstexte. Aus ihnen sind sämtliche Briefauszüge entnommen, die wir als Quellen aufgenommen haben, sofern dies nicht anders vermerkt ist. Weitere von uns verwendete Materialien und Literatur finden sich im angehängten Link- und Literaturverzeichnis; über diese Titel ist eine eigenständige vertiefte Weiterarbeit auch im eigenen Unterricht problemlos möglich.

Besondere Anregungen stellte zum Abschluss der Beschäftigung auch die vom Kunstverein Fischerhude kuratierte Ausstellung „Catos Welt. Das künstlerische und familiäre Umfeld der Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek“ aus dem Jahr 2017 dar, die ebenfalls eine besondere Verbindung zwischen Catos geistigem Kosmos und Handeln sowie der filmischen Deutung durch Brendecke und Brun zu schaffen wusste.

Ein besonderer Dank geht außerdem an Catos Nichte, Saskia Bontjes von Beek, die dem Projekt Bildmaterial aus ihrem persönlichen Archiv beisteuerte und die Informationstexte zu ihrer ganz persönlichen Familiengeschichte auf ihre Richtigkeit hin überprüfte.

Am Ende der Projektreihe und der engagierten Auseinandersetzung mit Cato steht fest, um die Worte einer Schülerin zu zitieren, „wie gegenwärtig diese junge Frau für uns heute noch ist, da sich an ihr zeigt, wie wichtig es war und noch immer ist, Mut zu haben, seinem Gewissen zu folgen, für seine eigene Einstellung einzustehen, Farbe zu bekennen und menschlich zu handeln.“

Florian Buschermöhle
Hanne Kläne-Terfrüchte
Christian Meyer
Birgit Schoedel

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